Ein Blick zurück: 2006 – terrestris auf den „15th. Asia Games“

 

Mitte des Jahres wird die Firma terrestris 20 Jahre alt. Wir wollen dies zum Anlass nehmen und wichtige Ereignisse und Projekte aus dem Dunkel der Vergangenheit hervorholen und diese nun – viele Jahre später – erneut ins Rampenlicht rücken. Heute im 1. Beitrag zu dieser Reihe wollen wir über unser erstes größeres Projekt berichten, unser Beitrag zu den West-Asien-Spielen 2005 und sowie den 15. Asien-Spielen 2006, beide Events haben in Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar stattgefunden und wir waren jeweils vor Ort.

schematischer Erst-Entwurf der Systemarchitektur

schematischer Erst-Entwurf der Systemarchitektur

Wir schreiben das Jahr 2005. Es war bereits Mitte Oktober an einem Freitag und ich hatte gerade erfolgreich einen Workshop bei einem unserer Kunden, der Verwaltung einer mittelgroßen Stadt im Norden von NRW, durchgeführt und befand mich in Richtung Heimreise als mein Telefon klingelte. Die Stimme des guten Bekannten am Telefon schilderte mir das Vorhaben, es ging um die Entwicklung eines mobilen, webbasierten Alarm- und Prüfsystems für eine Abteilung des TÜV-Rheinlands. Der Haken an der Sache, so schilderte mir mein Bekannter, sei, dass der Einsatzort Doha, Hauptstadt des Emirats Katar sein würde. Der eigentliche Haken kam aber erst danach: Das System sollte bereits Anfang Dezember eingesetzt werden, es blieben also nur knapp 6 Wochen zur Entwicklung des Systems.

Eilig setzten wir uns noch vor dem Wochenende zusammen und entwickelten eine erste Idee, wie so ein System aussehen könnte. Wir entschieden uns für eine klassische Client-Server Architektur, die Prüfer selbst sollten mit sogenannten PDA’s („Personal Digital Assistant“ – Vor-Vorläufern unserer heutigen Smartphones), ausgestattet werden. Über eine Mapbender-basierte Karte sollten eingehende Prüfmeldungen verwaltet werden. Montags rief ich meinen Bekannten an und sagte das Projekt zu, bereits 2 Wochen später saßen wir, unser damaliger Administrator Lars und ich selbst, zusammen mit einigen TÜV-Leuten, im Flugzeug nach Katar.

Screenshot eines der Prüf-Formulare

Screenshot eines der Prüf-Formulare

Dort angekommen, wurde entwickelt, Systeme aufgesetzt, Geodaten gesammelt und eingebunden und mir kam die ehrenvolle Aufgabe zu, die Prüf-Formulare für die verschiedenen Prüfungen für die PDA’s zu programmieren. Das Einzige was ich etwas beherrschte war ein wenig HTML, PHP und JavaScript, also bauten wir lokal abgelegte Web-Formulare, deren Inhalt nach erfolgreicher Prüfung per Email an den zentralen Server gesendet wurden. Nicht gerade hilfreich war, dass der recht rudimentäre Browser der PDA’s JavaScript nur teilweise interpretieren konnte, eine Dokumentation gab es natürlich nicht. Man war im völligen Blindflug unterwegs: Ich schrieb also eine Funktion und testete diese danach erst auf dem Laptop, dann auf dem PDA und mit etwas Glück funktionierte es – oder eben nicht, dann musste ich einen anderen Weg ausprobieren, testen und hoffen und so weiter…

Auf dem Server wurden die ankommenden Emails geparst, nach Veranstaltungsort geokodiert und in eine PostGIS-Tabelle eingetragen und eventuelle Photos abgelegt. Ein Panel neben der WebGIS-Karte wurde so programmiert, dass per PHP alle 2 Minuten diese Tabelle abfragte und die dort abgelegten Prüfungen abgriff und anzeigte: Rot für „hier ist ein Problem“, orange für „sollte mal jemand gucken“ und grün für „alles in Ordnung“.  Ein*e Mitarbeiter*in des lokalen Organisationskommittees DAGOC (Doha Asian Games Organisation Committee) konnte nun die Tests anschauen und auf Basis der Eingaben der Prüfenden sowie eventuell mitgesendeter Bilder für Abhilfe sorgen.

Zugangsberechtigungsausweis für die West Asian Games 2005

Zugangsberechtigungsausweis

Es gab mehrere Herausforderungen zu meistern, den technisch wenig versierten TÜV-Prüfern den Umgang mit PDA und Bildschirmstick erläutern, das morgendliche Generieren und Kopieren der Tagesaufgaben auf die PDA’s oder Vorurteile gegen Open Source zu entkräften: So bestand der Administrator auf TÜV-Seite, das wenigstens einer der beiden Server mit einem Microsoft-Betriebssystem ausgestattet werden sollte, einen wirklichen Grund oder eine Notwendigkeit dafür gab es allerdings nicht. Übrigens ein Umstand, der dann im Jahre 2006 aus der Welt geschaffen wurde, indem fortan beide Server unter Linux betrieben wurden.

A Propos Server – eine Geschichte ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Es muss in der Vorbereitung der Asienspiele 2006 gewesen sein. Die Anwendung sollte nach den Erfahrungen der West-Asian Games 2005 verbessert und benutzerfreundlicher gemacht werden. Um Zeit zu sparen habe ich, obwohl schon damals vom Administrator strengstens verboten, meist als „root“ direkt auf dem Server gearbeitet. Skripte wurden kopiert, lokal bearbeitet und zum direkten Test wieder hochgeladen. Irgendwann schallte der Ruf „Hände weg von den Tastaturen“ durch das Büro. „Ist noch jemand als root eingeloggt?“ fragte Lars, unser Administrator. Mit einer Anwandlung von Demut antwortete ich vorsichtig „Ja, ich“. „Gott sei Dank“ rief Lars erleichtert und erzählte, er habe gerade das Root-Passwort des Servers geändert aber es leider direkt wieder vergessen.

So meisterten wir auch die Asien Spiele und auch wenn wir aus finanzieller Sicht ein paar Federn lassen mussten, so hat schon dieses frühe Projekt unser Team zusammenwachsen lassen. Einer aus dem Team, der damals ganz neu dabei war und seine ersten Schritte mit uns ging war übrigens eine studentische Hilfskraft namens Marc Jansen….

Am Ende bleibt noch zu sagen, das wir aus dem Vorgehen damals sicherlich viel gelernt haben. Direkt auf dem Server arbeitet heute niemand mehr, als „root“ schon mal gar nicht und Projekte nehmen wir auch nur dann an, wenn wir sicher sind, das wir die benötigte Technik beherrschen. Schlussendlich wird auch die Anwendungsentwicklung bei uns schon lange von Profis bewerkstelligt.